Veranstaltungsreihe „das ist doch kein Zustand. deutschland gibt es immer noch…“

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Veranstaltungsreihe zur Kritik deutscher Verhältnisse, in der Roten Flora – 29.05. bis 20.06.

Ablauf (alle Veranstaltungen: 19:00, Rote Flora)

29.05. Antiziganismus und der Diskurs um ‚Armutsmigration’ mit Markus End

04.06. Die Pogrome der 90er Jahre und die Linke mit Thomas Ebermann

11.06. Der NSU und die radikale Linke Podiumsdiskussion mit Katharina König und Jeremia Santman

20.06. Erscheinungsformen und Begriffe des Rassismus mit JustIn Monday

 

Vor mittlerweile mehr als zwei Jahren, im November 2011, wurde die Existenz des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zufällig aufgedeckt. Zu dem Zeitpunkt war das Trio Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt bereits seit 13 Jahren „untergetaucht“ und zog als Teil eines neonazistischen terroristischen Netzwerkes mordend durchs Land. Im Laufe der nachfolgenden Recherchearbeit von Antifaschist_innen, der Presse sowie der Arbeit der Untersuchungsausschüsse, in manchen Fällen auch der polizeilichen Ermittlungen, stellte sich Erschreckendes heraus. Ein deutschlandweites Nazinetzwerk unterstützte den NSU, in welchem der Verfassungsschutz durch zahlreiche V-Leute sowohl personell als auch finanziell mitmischte. Nur innerhalb einer rassistisch strukturierten Gesellschaft konnte dieses arbeitsteilige Konglomerat wirkmächtig werden. Diese Gesellschaft wollte den NSU nicht erkennen, deshalb wurden die Taten nicht schneller aufgeklärt und dem Morden kein Ende gesetzt.

Es gilt die Taten in ihren historischen Zusammenhang zu setzen. Der NSU knüpft an die Pogrome der 90er Jahre an und verweist gleichzeitig auf die gesellschaftlichen Verschiebungen, die seit dem stattgefunden haben. Die rassistischen und antiziganistischen Debatten um Migration, die die Pogrome damals begleiteten, sind seit einigen Jahren wiedergekehrt und müssen damals wie heute ernst genommen und in ihrer historisch spezifischen Wirkungsweise analysiert werden. Eine solche Analyse erfordert zusätzlich die theoretische Auseinandersetzung mit den bürgerlichen Herrschaftsverhältnissen, durch die hindurch sich rassistische, antiziganistische und antisemitische Ressentiments entfalten. Zusammengenommen bedeutet dies konkret danach zu fragen, wie sich die Ressentiments in den jeweiligen gesellschaftspolitischen Entwicklungen materialisieren.

Die Pogrome der 90er Jahre sind als gewaltsamer Ausbruch des gesellschaftlichen Unterfangens zu verstehen, im Anschluss an die „Wiedervereinigung“ die deutsche Identität zu restaurieren. Heute, 25 Jahre später, hat sich die Berliner Republik etabliert, führt wieder Krieg und hat im Zuge der Eurokrise die Führungsposition in Europa eingenommen. Unverkrampfter Nationalismus steht auf der Tagesordnung, während rassistische Mobilmachung sowohl in der bürgerlichen Mitte als auch am rechten Rand Konjunktur erlebt.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe das ist doch kein Zustand. deutschland gibt es immer noch… wird sich dem Komplex aus unterschiedlichen Perspektiven genähert.

In der ersten Veranstaltung Antiziganismus und der Diskurs um ‚Armutsmigration’ soll ein kritischer Begriff des Antiziganismus entwickelt werden. Antiziganistische Motive hatten innerhalb der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen eine zentrale Bedeutung und prägen darüber hinaus heute den Diskurs um ‚Armutsmigration’, der in seiner politischen Stimmung an die Abschaffung des Asylrechts erinnert.

Anschließend fragt die zweite Veranstaltung Die Pogrome der 90er Jahre und die Linke ausgehend von der Reaktion der deutschen Linken auf die Pogrome nach deren Verhältnis zu Rassismus und Deutschland, wobei die Positionsverschiebungen der letzten 25 Jahre reflektiert werden sollen.

Der Umgang der radikalen Linken mit dem NSU wird in der Podiumsdiskussion Der NSU und die radikale Linke kritisch beleuchtet und die Tendenz zu verschwörungstheoretischen Erklärungsversuchen angefochten. Zur Debatte soll gestellt werden wie ein adäquates Begreifen und eine daraus folgende Praxis aussehen könnten. Wir diskutieren mit Katharina König, Mitglied des Thüringer Landtags für Die Linke und des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses, und Jeremia Santman.

Den Abschluss der Reihe bildet die Veranstaltung Erscheinungsformen und Begriffe des Rassismus, in welcher der historische Wandel des Rassismus aufgezeigt und unterschiedliche, teils gegenläufigen Ideologiestränge nachgezeichnet werden. Außerdem wird es um die Kritik unterschiedlicher theoretischer Begriffe von Rassismus gehen.