„Krise und Kritik. Zum aktuellen Stand der Krise und der Krisenproteste in Deutschland.“

Einladung zur Veranstaltung am 23.01.2014 um 19:00 im Gängeviertel.


Anhand unseres Textes „They Haven’t Even Started Yet! Zum Stand der antikapitalistischen Massen und ihrer Kader in Deutschland“ welcher in der Phase 2.45 erschienen ist, möchten wir unsere Position diskutieren, Widersprüche zu anderen herausstellen, sie weiter entwickeln und fortführende Fragen formulieren.
Zunächst wollen wir mit euch den Begriff der Krise eingrenzen und bestimmen – ein Versuch darüber bildet bereits den Einstieg in unseren Text. Hierin unterscheiden wir den Zustand der Krise qualitativ von der laufenden Kapitalakkumulation. Wie das Verhältnis von Krise und ‚Normalzustand’ beschaffen ist, wollen wir anknüpfend gemeinsam diskutieren. Kann man überhaupt von einem ‚Normalzustand’ sprechen? Welchen Verlauf kann eine Krise nehmen? oder ist der Kapitalismus gar eh schon immer die Krise in Permanenz?
Hieran schließt sich die Frage nach dem aktuellen Stand der Krise in Europa und Deutschland an. Ist die Krise bereits am abflauen, oder wird sie vor allem in Deutschland weniger wahrgenommen? Noch vor einem Jahr, so spricht es aus unserem Text, war es uns kaum vorstellbar, wie sich das derart strauchelnde Kapital regenerieren könne, in der historisch neuen Situation gegenseitiger Verpflichtung der europäischen Länder in der EU. Hat die reale Entwicklung diese Einschätzung bereits widerlegt, ist die aktuelle Krise also nicht unüberwindbar? Gemeinsam wollen wir versuchen unsere Einschätzung der Krise zu aktualisieren.
Im zweiten Teil unseres Textes formulieren wir eine Kritik an linken Krisenprotesten wie ‚Blockupy’, in denen u.a. das UmsGanze-Bündnis den Unmut über die deutsche und europäische Krisenpolitik auf die Straße getragen hat. Gerade in der Krise zeige sich, dass der Kapitalismus für die Mehrheit der Menschen nur Zwang und Elend bereithalte, daher müsse dieser als ganzes in Frage gestellt werden – es brauche deshalb eine möglichst breite Protestbewegung. Wir hingegen sehen in dem Ausbruch der Krise weniger den Vorabend einer kommunistischen Revolution sondern, vor allem in Deutschland, eher die Gefahr einer reaktionären Krisenlösung. Rassistische, antisemitische und antiziganistische Übergriffe, Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte und vielerorts aus dem deutschen Boden schießende Bürgerinitiativen bestimmten das Jahr 2013. Vor diesem Hintergrund halten wir das Liebäugeln mit den protestierenden Massen für falsch und das Hinwegsehen in kaderhafter Manier über personalisierte und fetischistische Kapitalismuskritik in den Reihen der eigenen Demo für gefährlich. Vielmehr muss die Linke in Zeiten der verschärften Ausbeutung dem deutschen Mob gegenüber treten und sich an die Seite derjenigen stellen, die „auffallen ohne Schutz“ (Adorno/Horkheimer).
Henrik Wallat wirft uns dafür in der Phase 2.46 vor uns über die Massen zu erheben anstatt uns auf sie einzulassen und pauschal alles als antisemitisch zu diffamieren, was nicht als umfassend durchdrungene Ideologiekritik daherkommt. Neben der Kritik an dem seiner Meinung nach unzulänglichen Begriff des ‚strukturellen Antisemitismus’ attestiert er uns ein anachronistisches und provinzielles festhalten an der Analyse nationalsozialistischer Kontinuitäten und einen dogmatischen Glauben an einen essentialistischen, deutschen Volkscharakter.
Mit euch wollen wir über die Perspektiven und Grenzen der Krisenproteste sprechen. Gilt es die Massen zu mobilisieren oder in welcher Form muss sich auf diese eingelassen werden? Welche Praxis scheint darüber hinaus angebracht?
Deutschland geht aus der Krise als Gewinner hervor. Nicht nur die Wirtschaft wurde gestärkt, ebenso konnte die deutsche Vorherrschaft in Europa ausgebaut und der deutsche Geltungsanspruch zementiert werden. Gleichzeitig inszenieren deutsche Politiker_innen die Bundesrepublik gerne als den redlichen Zahlmeister für ‚faule Südländer’ und viele Deutsche fühlen es ihnen nach. Wen adressiert die Kritik der Krisenproteste und sollte die Krisenpolitik Deutschlands noch mehr im Vordergrund stehen? Lässt sich an dieser gar der aktuelle Stand deutscher Ideologie ablesen?

In der Form wird es einen Salon geben, welcher Elemente einer Podiumsdiskussion mit denen einer offenen Diskussionsrunde verbinden soll. Neben uns, die nach einem kurzen inhaltlichen Einstieg die Moderation übernehmen werden, haben wir bereits im Vorfeld weitere Gruppen und Einzelpersonen angesprochen, sich im Rahmen dieser Veranstaltung auf die Fragen vorzubereiten. Dies bedeutet, dass wir in der Diskussion diesen Gruppen und Personen besonders viel Raum geben wollen ihre Positionen darzustellen, auf Fragen einzugehen und neue Inhalte reinzutragen. Trotzdem sollen ebenso Fragen und Beiträge aus dem weiteren Kreis der Teilnehmenden, Eingang in die Diskussion finden.
Es ist durchaus erwünscht den Text vorher gelesen zu haben. Wir erhoffen uns für diesen Abend ein angenehmes und solidarisches Diskussionsklima und werden versuchen dies nach unseren Möglichkeiten herzustellen.
Nach der Veranstaltung wird es unter Begleitung von Musik und Getränken noch die Möglichkeit geben über die Veranstaltung oder was euch sonst auf dem Herzen liegt zu unterhalten. Bitte leitet diese Einladung an Personen weiter, die eurer Meinung nach Interesse an dieser Veranstaltung haben könnten.
Liebe Grüße, souslaplage

Unseren Text findet ihr unter: http://phase-zwei.org/hefte/artikel/they-havennt-even-started-yet-415/