Veranstaltungsreihe: Rechter Terror – Name it, Face it!

Veranstaltungsreihe über die Geschichte und Gegenwart des Rechtsterrorismus in Deutschland

Zwei Wochen nach dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke schrieb der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU) auf Twitter: „Das haben wir seit den NSU-Morden nicht mehr für möglich gehalten“. Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert und schockierend. Als ranghoher Bundespolitiker hat Peter Altmeier weitreichende Entscheidungsbefugnisse und Zugang zu diversen staatlichen Informationsquellen. Wie kommt es nach einer jahrelangen rassistischen Mobilisierung, Radikalisierung und auch Militarisierung zu so einer Fehleinschätzung? Woher kommt die Bewertung, dass seit der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) im November 2011 keine Bedrohung mehr durch Rechtsterrorismus ausgeht? Sind die Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte, die Ausschreitungen und Menschenjagden in Chemnitz, das Aufdecken von bewaffneten Neonazigruppen und die Existenz rechter Untergrundnetzwerke in deutschen Sicherheitsbehörden – von der Polizei bis zum KSK – nicht eindeutig genug? Stellen die Todeslisten, welche von Rechten über politische Gegner*innen angelegt wurden, keine Bedrohung dar? Für den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier galt wiederum der aktuellste Fall von Rechtem Terror in Halle mit zwei Toten „in diesem Land… als unvorstellbar“. Deutlich wird hier die traurige Endlosschleife von rassistischen und antisemitischen Morden und Gewalttaten, auf die stets wieder große Verwunderung, Verdrängung und Leugnung folgt; bis zur nächsten Tat. Diese offensichtlichen Fehleinschätzungen spiegeln die gesamtgesellschaftliche Verdrängung und Verharmlosung von sowohl konkreten rechtsterroristischen Taten als auch der fortwährenden Bedrohungen wieder.

Rechter Terror scheint in Deutschland unsichtbar. Für große Teile der (radikalen) Linken fand eine Beschäftigung mit Rechtsterrorismus erst nach der Selbstenttarnung des NSU statt. Die überraschten Reaktionen auf den Mord an Walter Lübcke und den Anschlag in Halle zeigen, dass dies für weite Teile der Gesellschaft nicht gilt. Die kurze Zeitspanne zwischen den Taten mag die Beschäftigung mit dem Thema intensiviert haben: Themen wie Rechter Terror und gesamtgesellschaftlicher Rassismus werden sogar verknüpft. Eine nachhaltige Debatte darüber steht aber nach wie vor aus. Wird sich beim nächsten Anschlag an die vielen vorangegangenen Taten erinnert? Diese waren Botschaftstaten und für die potentiellen Opfer nie unsichtbar. Einer Anerkennung dessen steht die immer wiederkehrende Erzählung vom verwirrten Einzeltäter entgegen.

Dies macht deutlich, dass eine intensive Beschäftigung mit dem Themenkomplex rechte Gewalt und Rechtsterrorismus unbedingt notwendig ist. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Rechter Terror – Name it, Face it“ soll dieses Thema von unterschiedlichen politischen und historischen Perspektiven beleuchtet werden. Caro Keller und Robert Andreasch werden über die Geschichte des Rechten Terrors in Deutschland referieren. Harry Waibel wird seinen Fokus auf die Geschichte Rechten Terrors in der DDR legen, während Eike Sanders zu der Fragestellung Rechter Terror und Frauenfeindschaft vortragen wird. Martina Renner wird sich mit dem Themenkomplex Rechter Terror und deutsche Sicherheitsbehörden beschäftigen. Beendet wird die Reihe mit einer Veranstaltung mit Ibrahim Arslan, der über seine eigenen Erfahrungen mit Rechtem Terror und dem Umgang damit als Betroffener erzählen wird.

Donnerstag, 24.10.19
Kontinuitätslinien – Rechter Terror in Deutschland
Vortrag von Caro Keller und Robert Andreasch. (NSU-Watch)
19:30 Uhr, Centro Sociale (Sternstr. 2)

Donnerstag, 14.11.19
Die braune Saat – Neonazis, Rassismus und Antisemitismus in der DDR
Vortrag von Harry Waibel
19:00 Uhr, Rote Flora Ex-Vokü (Achidi-John-Platz 1)

Donnerstag, 12.12.19
Ein Krieg nur unter Männern?
Geschlechterbilder und -rollen im deutschen und internationalen
Rechtsterrorismus
Vortrag von Eike Sanders
19:00 Uhr, Rote Flora Ex-Vokü (Achidi-John-Platz 1)

Donnerstag, 09.01.20
Rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr
Vortrag von Sebastian Wehrhahn
19:00 Uhr, W3 (Nernstweg 32-34)

Mittwoch, 05.02.20
„Die Hauptzeugen des Geschehenen“
Veranstaltung zur Betroffenenperspektive auf Rechten Terror
mit Ibrahim Arslan und Candan Özer
19:00 Uhr, W3 (Nernstweg 32-34)


Diese Veranstaltungsreihe findet im Rahmen der gleichnamigen Kampagne des bundesweiten Bündnisses Irgendwo in Deutschland statt. Begleitend zur Veranstaltung wird es im November eine Broschüre mit Thesen zu Rechtem Terror geben. Weitere Informationen:
https://irgendwoindeutschland.org/ und auf twitter unter #irgendwoindeutschland