Das neue Jahr beginnt so beschissen, wie das vergangene aufgehört hat.

Betrachtungen zur völkischen Formierung im Frühjahr 2016.

Die Übergriffe auf rassistisch Markierte (1), Brandstiftungen oder andere Arten der Zerstörung bewohnter oder unbewohnter Geflüchtetenunterkünfte gehen unvermindert weiter. Bereits im vergangenen Jahr waren diese im Vergleich zum Vorjahr um mehr als das Vierfache angestiegen.

Die Berichterstattung über die massiven Übergriffe und sexualisierte Gewalt in der Neujahrsnacht am Kölner Hbf und anderswo strotzt in der Mehrzahl vor Rassismus. Dabei wird sexualisierte Gewalt als Problem von Migrant_innen behandelt, vor der die deutsche Frau geschützt werden müsse. Dass sexualisierte Gewalt in Deutschland eine lange Tradition aufweist und das Problem im patriarchalen Geschlechterverhältnis liegt, ist nur vereinzelt zu vernehmen.

Im Zuge dieser Debatte wird vielmehr das Feld des öffentlich Sagbaren immer weiter nach Rechts verschoben. Die NPD konnte mit ihrem „Kriminelle Ausländer raus!“, welches sie seit 20 Jahren propagiert nun endlich landen, mit der Hilfe Sigmar Gabriels. Durch Vertreter_innen der CSU wird derweil die Möglichkeit erwogen straffällig gewordene Asylbewerber_innen ohne Prozess abschieben zu können. Wie leicht hier die Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft, die den Deutschen erst von den Alliierten aufgezwungen werden musste, beiseite geschafft werden, um die Abschottung gegen die von Außen imaginierte Bedrohung und die Homogenisierung nach Innen zu vollziehen, ist schon bemerkenswert. Der Ruf nach dem autoritären Staat wird begleitet von dem Versuch Bürgerwehren gegen die imaginierte Bedrohung zu organisieren, die in Nordrheinwestfalen bereits auf der Straße patroullieren. Eine entsprechende Facebook-Gruppe für Hamburg hat über 2000 Likes.

Gleichzeitig organisiert sich die gewaltbereite Naziszene im Windschatten des rassistischen Diskurses und greift ganz unverhohlen auch Linke an. Zum einjährigen Jubiläum von Legida verabredeten sich ca. 250 Neonazis und verwüsteten einen Straßenzug in Leipzig-Connewitz. (2) Daran besonders brisant: Die Kooperation von Leipziger Polizist_innen mit Neonazis, sowie die Weitergabe vertraulicher Dokumente an Legida/NPD. (3)

Im September des vergangenen Jahres gab es bereits einen ähnlichen Überfall auf linke Hausprojekte in der Rigaer Straße. (4) Diese ist nicht nur Nazis ein Dorn im Auge, sondern auch der Berliner Lokalpolitik. Vorgestern veranstaltete die Berliner Polizei mit 500 Beamt_innen, inklusive SEK, eine „Begehung“ der Rigaer 94, bei der fünf Menschen verhaftet und „gefährliche Gegenstände“ wie Feuerlöscher und Propangasflaschen sicher gestellt wurden; dem voraus gegangen war eine vermeintliche Handgreiflichkeit mit einem Streifenpolizisten. Angesichts dessen, dass die Polizei beim Schutz von Geflüchtetenunterkünfte andauernd versagt und bisher kaum Brandstifter_innen ermittelt wurden, spricht dieser Einsatz Bände über die politische Gesinnung der Berliner Innenpolitik.

Das hier Geschilderte ist nur ein Ausschnitt aus den letzten zwei Wochen, der bedrückend illustriert, was auch 2016 von Deutschland zu erwarten ist. Die AfD legt trotz, oder vielleicht eher wegen des Führungswechsels bundesweit in den Umfragen zu und wird absehbar in den nächsten Bundestag einziehen. Die Nazis werden mutiger und tragen ihren Terror noch offensiver in großen Gruppen auf die Straße. Das Wissen darum, wie sich neue Geflüchtetenunterkünfte in der Nachbarschaft verhindern lassen und die Sicherheit, dass dabei kaum mit Strafverfolgung zu rechnen ist, ermutigt Nachahmer_innen in der ganzen Bundesrepublik. Wo nicht angezündet oder verwüstet wird, gehen die, die es sich leisten können, juristisch gegen Unterkünfte in ihrer Nähe vor. (5)

Der von uns seit Jahren propagierte Abwehrkampf gegen die deutschen Verhältnisse muss auch in 2016 ungebrochen fortgeführt werden. Die Situation von Geflüchteten wird noch prekärer werden und die Bedrohung durch Nazis noch handfester zu spüren. Wir rufen dazu auf, dem deutschen Mob wann immer es geht in die Suppe zu spucken und wann immer es nötig sein wird entgegen zu treten!

1)  zB. gerade in Jena: https://www.neues-deutschland.de/artikel/998008.angriff-auf-fluechtlinge-in-jena.html
2) https://fuerdaspolitische.noblogs.org/2016/01/pressemitteilung-rechter-strassenterror-in-connewitz-eine-kritische-zusammenfassung/
3) https://www.welt.de/politik/deutschland/article150958169/Kooperieren-Polizisten-in-Sachsen-mit-Rechten.html
4) https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/berlin-friedrichshain-41-nazis-in-der-rigaer-strasse-festgenommen/12312400.html
5) https://www.welt.de/regionales/hamburg/article150835092/Hamburgs-haarstraeubende-Begruendungen-gegen-Asylheime.html