Wie sich die TAN aus linksradikaler Politik und Praxis verabschiedet

Über den Umgang der TAN (Tierrechtsaktion Nord) mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt, mit Tätern und mit Kritik aus
linksradikalen Zusammenhängen

Wie sich die TAN aus linksradikaler Politik und Praxis verabschiedet

In Hamburg läuft seit mehr als einem Jahr eine öffentliche Auseinandersetzung um einen Vergewaltiger. Verschiedene Gruppen aus der linksradikalen Szene haben sich dazu seit Sommer 2007 positioniert und eine Reihe von Papieren veröffentlicht (nachzulesen insbesondere in der „ZECK“, dem „Info aus der Flora“/Hamburg, Nr. 140-145). Einerseits ging es um die Unterstützung und Solidarisierung mit der Betroffenen
und ihrem Umfeld und das Ziel, den Vergewaltiger und sein Umfeld zu bewegen, die unerträgliche Situation für die Betroffene zu entspannen, andererseits ging es auf einer allgemeineren Ebene um den Umgang mit Sexismus in der linksradikalen Szene und die Definitionsmacht der  betroffenen Frau.
Alle Versuche, die Situation für die Betroffene zu verbessern, waren bisher weitgehend erfolglos. Im Verlauf des letzten Jahres wurde die Gruppe TAN Teil dieser Auseinandersetzung. Nachdem im Hamburger Infoladen Schwarzmarkt die erste Erklärung der Unterstützer_innen der  Betroffenen öffentlich ausgelegt wurde, heftete eine Aktivistin der TAN eine Gegenerklärung von „Freundinnen und Freunden des Mannes, dem eine Vergewaltigung vorgeworfen wird“ dazu. In diesem Text wird der Betroffenen und ihrem Umfeld unterstellt, seit Jahren eine Hetzkampagne gegen den Vergewaltiger zu führen, mit dem Ziel, seine Existenz zu zerstören. Der Text versucht, mit der vermeintlich unbestreitbaren Wahrnehmung von „(Zeit)Zeugen“ die Betroffene und ihre Unterstützer_innen unglaubwürdig zu machen. Systematisch wird der Vergewaltiger zum Opfer, die Betroffene und ihre Unterstützer_innen zu Täter_innen einer Rufmordkampagne umdefiniert. Die Vergewaltigungen selbst werden geleugnet. Im Gegenzug wird mit einem drastischen Zitat aus einer Beschreibung einer besonders grausamen Vergewaltigung in Chile der Vorwurf erhoben, die Betroffene würde eine Relativierung des Vergewaltigungsbegriffs betreiben und damit allen „wirklichen“  Vergewaltigungsopfern in den Rücken fallen.
Das Plenum des Schwarzmarktes forderte daraufhin eine Erklärung der TAN, die zu diesem Zeitpunkt die Räume des Schwarzmarktes noch als Treffpunkt nutzte. Eine schriftliche Antwort der TAN erfolgte erst nach mehrmaliger Aufforderung Monate später, nachdem die TAN einem Rauswurf aus dem Schwarzmarkt zuvorgekommen war und von sich aus auf eine weitere Nutzung der Struktur verzichtet hatte.
In ihrem Brief beschimpft die TAN das Schwarzmarktplenum auf arroganteste Weise. Eine Stellungnahme zu der fraglichen Erklärung der „Freundinnen und Freunde“ des Vergewaltigers, oder dazu, warum diese von der TAN-Aktivistin im Schwarzmarkt veröffentlicht wurde, gibt es nicht. Es gibt im Brief der TAN auch keine allgemeine Erklärung oder Positionierung zur konkreten Auseinandersetzung oder zum Umgang mit Sexismus im Allgemeinen. Einzig die konsequente Verwendung von Anführungsstrichen, sobald von an der Auseinandersetzung um den Vergewaltiger beteiligten Personen die Rede ist, macht deutlich, welche Position die TAN hier einnimmt: eine „vergewaltigte Frau“, …dem von Teilen Eurer Szene vorgeworfen wird, er sei ein „Vergewaltiger“.
Für uns ist das Maß voll. Nicht nur auf der Ebene der Textproduktion, sondern ganz konkret waren und sind Einzelne aus der TAN zudem schon seit Jahren an Bedrohungsszenarien unterschiedlichster Art beteiligt und nehmen Teil an der Stimmungsmache gegen die Betroffene und der andauernden Einschränkung ihres Bewegungsspielraumes.
Aus unserer Sicht ist das, was Einzelpersonen aus der TAN und in der Folge jetzt die TAN als organisierte Struktur machen, nichts anderes als Täterschutz. Aus dem Brief der TAN wird deutlich, dass sie sich selbst nicht mehr als Teil eines linksradikalen Spektrums begreift und dass sie alles, was aus diesem Umfeld an Kritik an sie herangetragen wird, reflexartig zurückweist.
Wir erwarten von Freundinnen und Freunden eines Vergewaltigers etwas anderes, erst recht, wenn es sich um Leute handelt, die sich politisch organisieren. Ihre Aufgabe wäre vor allem, zur Entschärfung der Situation der Betroffenen beizutragen und den Vergewaltiger in einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit seiner Tat zu unterstützen, diesen Prozess transparent zu machen und dadurch seine Isolierung  vermeiden zu helfen. Die TAN hat sich für einen anderen Weg entschieden: sie unterstützt diejenigen, die den Vorwurf leugnen und ins Gegenteil verdrehen. Auch die Form, die die TAN dafür gewählt hat, führt vor allem zu einer weiteren Eskalation.
Wir müssen an einer einzigen Stelle unsere Übereinstimmung mit einer Position der TAN konstatieren: Mit linksradikaler Politik hat dieser Verein nichts gemein!
Da sich die Schärfe der Auseinandersetzung in dieser knappen Darstellung eventuell nicht vollständig vermittelt, können die relevanten Texte im Schwarzmarkt eingesehen oder als PDF unter mail@gruppe-commode.org angefordert werden. Hamburg, September 2008. [a2], ag c-k, antirepressionsgruppe hamburg, gruppe commode, gruppe dunkelbunt, infoladen schwarzmarkt, sous la plage